Assoziatives Schreiben


Zur Geschichte des assoziativen Schreibens

Bereits 1889 liess der Psychotherapeut Pierre Janet seine Patientinnen und Patienten in verschiedenen Situationen möglichst automatisch und assoziativ schreiben. Und er entdeckte, dass sich dabei bei seinen Schützlingen so manches offenbarte, was zuvor im Unterbewusstsein verborgen lag. 

Pierre Janet wurde damit zum Begründer der «écriture automatique» und sein Werk zu einer der Hauptquellen für Freud, Adler und Jung.

Mittlerweile weiss man: Jeder Mensch, also auch eine psychisch gesunde Person, kann von assoziativem Schreiben profitieren. Unser Unterbewusstsein birgt enormes Potenzial für Kreatives und für tiefgreifende Erkenntnisse. 


Anleitung

Suchen Sie sich einen ruhigen Ort, an dem Sie ungestört verweilen können. Legen Sie Stift und Papier bereit.
Stellen Sie sich einen Timer auf beispielsweise fünf oder zehn Minuten. (Wenn Sie die Übung zum ersten Mal machen, empfehlen sich fünf Minuten.)
Notieren Sie nun sehr intuitiv und zügig alles, was gerade «zuvorderst» ist; schreiben Sie sich vom Herzen, was Ihren Geist beschäftigt oder bewegt. Das können Gedanken, Träume, Absichten für Ihre aktuelle Lebensphase, Gefühlsempfindungen usw. sein.
Wenn Sie sich fragen, was Sie schreiben sollen, dann schreiben Sie, dass Sie sich fragen, was Sie schreiben sollen. Denken Sie nicht über Rechtschreibung, Grammatik oder Satzstruktur nach. Wenn Sie sich einmal komplett leer fühlen sollten, dann setzen Sie den Stift nicht ab, sondern malen Sie Kringel, Kreise oder Rechtecke auf das Papier, bis die Worte wieder zu fliessen beginnen.


Zur Bedeutsamkeit des Prozesses

Beim assoziativen Schreiben geht es nicht in erster Linie darum, einen kohärenten Text zu verfassen. Es geht vielmehr um das bewusste Loslassen der Kontrolle über den Inhalt. Durch diesen sehr intuitiven Prozess gelingt es dem Gehirn offenbar leichter, die üblichen Gedankensperren zu überwinden und ins Unterbewusste vorzudringen.
Das assoziative Schreiben kann tatsächlich mit dem Meditieren verglichen werden: Wertungsfrei lassen Sie aufs Papier fliessen, was fliessen möchte – so, wie Sie beim Meditieren Ihr Erleben wertungsfrei zulassen.


Reflexion

Lesen Sie sich nach Ablauf der Zeit das Geschriebene nochmals in Ruhe durch. Gibt es etwas, das Sie aus Ihren Gedanken mitnehmen möchten?

Es empfiehlt sich übrigens, diese Übung immer mal wieder zu machen – zum Beispiel einmal wöchentlich. Sie werden viel Neues an sich entdecken können!



 

Geschichtliche Hinweise und Einbettung basierend auf: 

Zanetti, Sandro (2023). Automatisches Schreiben. Ein Blick zurück und nach vorn. Universität Zürich. Im Internet unter https://geschichtedergegenwart.ch/automatisches-schreiben-ein-blick-zurueck-und-nach-vorn/ (abgerufen am 05.04.25)