Dem Erleben Raum lassen

Wenn wir den kleinen Geist, unser isoliertes, singuläres Denken, kontrollierend um unser Empfinden schliessen, verstärkt sich unser Leid. Wir können nicht zur Ruhe kommen; wie eine Faust schliesst sich der Geist um das, was Luft zum Atmen und Raum zum Entwickeln braucht. Im irrigen Glauben, wir könnten das Unkontrollierbare in die Kontrolle des verschlossenen Geistes überführen, berauben wir unser Empfinden der Möglichkeit, zu sein, wie es ist. Und letztendlich auch uns selbst der Möglichkeit, uns von Leid zu befreien und zu heilen.

 

Im grossen Geist, in der Weiträumigkeit der Bewusstheit, gelangt Luft an unsere Wunden. Und jeder bewusste Atemzug ist die Salbe, die etwas Spannung aus der Wunde löst. Wir erlauben unserem Empfinden, frei in der Weite der mitfühlenden Bewusstheit zu flottieren. Das braucht Mut. Vielleicht glauben wir gar, zu zerbrechen, wenn wir den Griff unserer Ängste lockern und uns weich machen für all das in uns aufsummierte Leid und die alltäglichen schmerzhaften Erfahrungen. Doch dieser Glaube entspricht erneut der geschlossenen Faust des kleinen Geistes. Wie könnten wir denn zerbrechen, wenn wir uns weich und geschmeidig machen? Wie könnten wir kaputt gehen, wenn wir unser Erleben liebevoll in den Arm nehmen und uns damit selbst eine mitfühlende Mutter / ein mitfühlender Vater sind? Wenn wir die Unverzagtheit besitzen, unserem Herzen sogar zuzugestehen, am Leid zu zerbrechen, wird es genau darum heil bleiben.

Wir zerbrechen an der Spannung, am Hart-, Starr- und Spröde-Sein. 
Wir heilen an der Weichheit; am tief mitfühlenden Anerkennen von dem, was ist – auch von uns selbst, so, wie wir gerade sind.