Was ist Achtsamkeit?


Herkunft des Begriffs und Definition von Jon Kabat-Zinn

Inspiriert vom Buddhismus hat Jon Kabat-Zinn 1979 den Achtsamkeitsbegriff entscheidend geprägt und der westlichen Welt zugänglich gemacht. Ohne die buddhistischen Wurzeln zu verleugnen, löst Kabat-Zinn den Achtsamkeitsbegriff aus dem religiösen Kontext und definiert ihn folgendermassen:

»Achtsamkeit bedeutet, auf eine bestimmte Weise aufmerksam zu sein: bewusst, im gegenwärtigen Augenblick und ohne zu urteilen. Diese Art der Aufmerksamkeit steigert das Gewahrsein und fördert die Klarheit sowie die Fähigkeit, die Realität des gegenwärtigen Augenblicks zu akzeptieren.

Sie macht uns die Tatsache bewusst, dass unser Leben aus einer Folge von Augenblicken besteht. Wenn wir in vielen dieser Augenblicke nicht völlig gegenwärtig sind, so übersehen wir nicht nur das, was in unserem Leben am wertvollsten ist, sondern wir erkennen auch nicht den Reichtum und die Tiefe unserer Möglichkeiten zu wachsen und uns zu verändern […]. Achtsamkeit ist eine einfache und zugleich hochwirksame Methode, uns wieder in den Fluss des Lebens zu integrieren, uns wieder mit unserer Weisheit und Vitalität in Berührung zu bringen.«
Aus: Jon Kabat-Zinn, 1998. Im Alltag Ruhe finden. Das umfassende praktische Meditationsprgramm (7. Aufl.). Freiburg: Herder, S.18
 

Achtsamkeit und unser Alltag

Im Alltag verstricken wir uns oft in Gedanken; wir planen, sorgen uns oder hängen Erinnerungen nach. Unser unruhiger Geist (im Buddhismus auch Monkey Mind genannt) erschafft Gedankenkonstrukte; er springt ruhelos hierhin und dorthin, überlegt sich, was andere über uns denken könnten und was geschehen könnte, wenn wir dies oder jenes tun oder aber unterlassen.

Spüren Sie jetzt, in diesem Moment, Ihre Fusssohlen? Die Kontaktfläche zu den Socken, den Schuhen oder dem Boden? Nun, nach dem Lesen der Fragen, können Sie sie wahrscheinlich bejahen. Wir haben unsere Aufmerksamkeit auf eine Körperempfindung gelenkt und diese im gegenwärtigen Augenblick wahrgenommen.

Achtsamkeit (engl. mindfulness) lässt sich wie ein Muskel trainieren: Je häufiger wir achtsam sind, desto selbstverständlicher und einfacher wird es für uns, dem Alltag mit Bewusstheit zu begegnen. Der Geist beruhigt sich, Gedankenkonstrukte werden als solche erkannt, die Identifikation mit negativen Gedanken und Denkprozessen nimmt ab.
Achtsamkeit zu praktizieren bedeutet, in eine Beobachterrolle zu schlüpfen: Wir beobachten, welche Gefühle, Gedanken, Körperempfindungen und Sinneseindrücke sich uns zeigen und welche Wechselwirkung diese untereinander entfalten. Wichtig ist dabei, als beobachtende Person wertungsfrei zu bleiben: Es geht darum, zu erkennen, was ist, jetzt, gerade in diesem Moment, ohne uns für aufkommende Empfindungen oder Gedanken zu verurteilen. Im MBSR-Kurs trainieren wir dieses offene, wertungsfreie Beobachten.

 

Das Wichtigste in Kürze

Achtsamkeit ist also eine innere Haltung, ein Bewusstseinszustand, ein In-Kontakt-Sein mit der sich gerade im gegenwärtigen Moment anbietenden Erfahrung. Es gilt dabei, eine Haltung frei von Verlangen oder Ablehnung zu kultivieren.

Möchten Sie mehr wissen? Hier geht's zum Artikel »Achtsamkeit im Alltag leben«.