Meditation

Der Mythos des leeren Geistes


Bitte denken Sie nicht an einen pinkfarbenen Elefanten. 

 

Mal ganz abgesehen von der Tatsache, wie schnell das innere Bild da ist, dürfte auch faszinierend sein, wie mühelos es uns gelingt, an etwas zu denken, das wir noch nie gesehen haben (und das es nicht gibt).

 

Von der Unmöglichkeit, nicht(s) zu denken

Das Nicht-Denken in der Achtsamkeitsmeditation ist ein Mythos – und leider ein abschreckender dazu. Manche Menschen glauben, sie seien nicht für die Meditation geschaffen, weil sie permanent denken. Tatsächlich können wir uns nicht auf unserem Sitzkissen niederlassen und einen Schalter umlegen, der die Gedanken stoppt. Aber das müssen wir zum Glück auch nicht.

 

Einsichtmeditation: Ausstieg aus dem Narrativ

In der Achtsamkeitsmeditation geht es nicht darum, nichts zu denken. Im Gegenteil: Die Einsichtmeditation (Vipassanā) macht die aufkommenden Gedanken sogar zum Meditationsobjekt. 

Ziel ist, die Gedanken, die während der Meditation aufkommen, zu betrachten. Es geht darum, aus dem Narrativ auszusteigen und sich der Gedankenkonstrukte bewusst zu werden. Was wir uns unbewusst gedanklich selbst erzählen, kann uns nämlich ausbremsen und unglücklich machen.

 

Das Problem sind nicht die Gedanken

Oft erzählen wir uns in Gedanken Geschichten und können uns dabei in ganzen Assoziationsketten verlieren. Wir malen uns Zukunftsszenarien aus oder versuchen vergeblich, in einem innerlich geführten Dialog mit einem fiktiven Gegenüber die Vergangenheit zu verändern. 

Doch sind die Gedanken nicht unser Problem. Problematisch ist unser Umgang damit: Wenn wir uns in Gedanken verlieren oder ihnen uneingeschränkt Glauben schenken, reden und handeln wir oft reaktiv und beschränken uns selbst in unserem Tun.

 

Bewusstheit hilft

»Man kann Wellen nicht aufhalten, aber man kann surfen lernen.«

[Jon Kabat-Zinn]

Wir können nicht verhindern, dass immer und immer wieder Gedanken aufkommen. Im MBSR-Kurs lernen wir, die aufkommenden Gedanken zu betrachten. Dies führt zu einer Disidentifikation; zum Wissen, dass wir nicht unsere Gedanken sind und dass unsere Gedanken und Glaubenssätze keineswegs wahr sein müssen.

Achtsamkeitsmeditation hilft uns dabei, das Aufkommen und Vergehen der Gedanken wahrzunehmen und ein Gefühl für ihre Kurzlebigkeit und Wandelbarkeit zu erlangen. Wir lernen, Gedankenmuster zu erkennen – und nicht in den Gedankenstrom einzusteigen

Das Erkennen der Art, wie wir denken, kann uns viel über uns selbst lehren und uns dabei unterstützen, im Alltag weniger automatisch und hektisch zu reagieren. Bei regelmässigem Üben entsteht sogar eine Bewusstheit dafür, dass wir auch jenseits von Gedanken, Gefühlen und Körperempfindungen existieren. Dass es eine Essenz in uns gibt, die hinter all diesem Plappern in unserem Geist steht; ein ruhiges, konstantes Sein.

 

Paul Watzlawick schreibt in seiner »Anleitung zum Unglücklichsein«:

Ein Mann will ein Bild aufhängen. Den Nagel hat er, nicht aber den Hammer. Der Nachbar hat einen. Also beschliesst unser Mann, hinüberzugehen und ihn auszuborgen. Doch da kommt ihm ein Zweifel: Was, wenn der Nachbar mir den Hammer nicht leihen will? Gestern schon grüsste er mich nur so flüchtig. Vielleicht war er in Eile. Vielleicht hat er die Eile nur vorgeschützt, und er hat was gegen mich. Und was? Ich habe ihm nichts getan; der bildet sich da etwas ein. Wenn jemand von mir ein Werkzeug borgen wollte, ich gäbe es ihm sofort. Und warum er nicht? Wie kann man einem Mitmenschen einen so einfachen Gefallen abschlagen? Leute wie dieser Kerl vergiften einem das Leben. Und dann bildet er sich noch ein, ich sei auf ihn angewiesen. Bloss, weil er einen Hammer hat. Jetzt reicht‘s mir wirklich. – Und so stürmt er hinüber, läutet, der Nachbar öffnet, doch bevor er »Guten Tag« sagen kann, schreit ihn unser Mann an: »Behalten Sie Ihren Hammer!«

 

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Und sollten Sie in den Meditationen von Gedanken überschwemmt werden, so hilft Ihnen vielleicht Yoga. Yoga ermöglicht die Verwurzelung im Körper und dadurch das Loslassen von Sorgen und Ängsten. Hier geht's zur Kursübersicht.