Fasten: nichts essen zugunsten der Gesundheit
Teil 1: wichtige Hinweise
Eines vorab: Fastenkuren sind nicht geeignet für Schwangere und Stillende, für Personen mit Untergewicht und bei den meisten schwerwiegenden Erkrankungen.
Bei Diabetes allerdings können Fastenkuren nachgewiesenermassen wertvolle Begleittherapien sein, um die Medikation reduzieren und die Symptome lindern zu können. Allerdings soll das Fasten bei Diabetes nur in Absprache mit und unter Aufsicht von medizinisch geschultem Fachpersonal und unter engmaschiger Überwachung der Zuckerwerte geschehen.
Generell empfiehlt sich vor einer Fastenkur, ein grosses Blutbild zu machen, etwaige Mangelerscheinungen auszugleichen und sich mit dem Hausarzt, der Hausärztin abzusprechen. Gut geeignet sind Fastenkuren für gesunde Personen ohne Mangelerscheinungen, die normalgewichtig sind oder aber zu Übergewicht tendieren.
Teil 2: Warum fasten?
In seinem Buch «Mit Ernährung heilen. Besser essen – einfach fasten – länger leben.» (2021) führt Prof. Dr. Michalsen in leichtfüssiger, gut verständlicher Sprache die zahlreichen positiven Effekte des Fastens auf. Seine Aussagen sind wissenschaftlich untermauert und werden mit zahlreichen repräsentativen Studien empirisch belegt. Die Studienlage zeigt klar und unmissverständlich: Fasten ist (natürlich unter Beachtung obiger Hinweise) eindeutig gesundheitsförderlich.
Eine Handvoll der positiven Effekte einer sieben- bis zehntägigen Fastenkur sei im Folgenden genannt:
✅ nachhaltige Verringerung von Depressionen und depressiven Verstimmungen
✅ für mehrere Monate deutlich verbesserte Blutfettwerte
✅ deutlich verbesserte Leberwerte, Erholung einer allfälligen Fettleber
✅ Abbau des ungesunden viszeralen Fettes, das die Bauchorgane umlagert
✅ verbesserte Zuckerwerte - die sich bis zu fünf Jahre halten können!
✅ Linderung des «leaky gut», des löchrigen-Darm-Syndroms; Heilung der Darmschleimhaut, Aufbau einer gesunden Darmschleimhaut, dadurch gelangen weniger Schadstoffe ins Blut, somit weniger «brain fog» (Hirn-Nebel; kognitive Probleme, Konzentrationsstörungen, Vergesslichkeit, ...)
✅ Einer Vielzahl der Fastenden gelingt nachhaltig eine gesunde Ernährung nach der Fastenkur - insbesondere jenen Personen, die danach regelmässig (zum Beispiel 1x jährlich) fasten. Dadurch profitieren diese Menschen langanhaltend von den zuvor genannten positiven Effekten.
Klingt doch gut, oder? ☺️
Teil 3: Blüht nach dem Fasten der Jojo-Effekt?
Einige Tage nichts essen, man verliert Gewicht, der Stoffwechsel fährt runter, dann wieder essen, der Körper lagert sofort alles Fett ein - und am Schluss ist man schwerer als zuvor. Oder?
Nein. Auf Crash-Diäten mag obiger Teufelskreis zutreffen. Wer die nachfolgende Fasten-Anleitung beachtet, wird davon nicht betroffen sein.
Langzeitstudien aus der Fasten-Klinik Buchinger zeigen, dass Personen, die 10x oder mehr (z.B. 1x jährlich über 10 Jahre hinweg) gefastet haben zu 1/3 leichter, zu 1/3 gleich schwer und zu 1/3 eine nicht erhebliche Gewichtszunahme erfuhren im Vergleich zum Gewicht vor der ersten Fastenkur.
Wenn man bedenkt, dass in unserer westlichen Gesellschaft nicht fastende Menschen in der Regel im Laufe ihres Lebens signifikant zunehmen, insbesondere ab der zweiten Lebenshälfte, wird klar, dass Fasten das nachhaltige Senken oder Halten des Körpergewichts fördert und nicht blockiert.
Warum?
1️⃣ Beim Fasten wird - im Gegensatz zu einer Crash-Diät - der Stoffwechsel nicht an die Wand gefahren. Mit viel Bewegung und gelegentlichem Zuführen von Honig (siehe Ausführungen in Teil 4) wird die «Flamme des Stoffwechsels» stets am Brennen gehalten.
2️⃣ Fasten führt in der Regel zu einer nachhaltigen Umsetzung gesunder / gesünderer Ernährungsgewohnheiten.
Teil 4: Wie oft, wie lange und wie fasten?
Um den Körper nicht zu überfordern, empfiehlt sich eine Fastenkur ein- bis zweimal jährlich und nicht häufiger.
Bei normalgewichtigen Personen empfiehlt sich eine Fastenkur von 5 - 10 Tagen (Michalsen, 2021). Bei Übergewicht kann unter ärztlicher Absprache und Aufsicht auch länger gefastet werden. Je nach Körpergewicht ist sogar bis zu 40 Tagen fasten möglich, ohne an Mangelerscheinungen zu leiden!
Die nachfolgende Fasten-Anleitung orientiert sich am Heilfasten nach Buchinger (vgl. Michalsen, 2021) und ist durch mich erweitert um Hinweise aus Yoga und Ayurveda und Tipps zum Muskelerhalt aus der Sportbranche.
1) Fasten will vorbereitet sein
➡️ In den drei Tagen vor Fastenbeginn vorwiegend Gemüse und gelegentlich Früchte essen und die Nahrungsmenge reduzieren. Kein Alkohol, kein Koffein, kein Fleisch, möglichst wenig künstlicher Zucker.
➡️ Am zweitletzten und letzten Abend vor Fastenbeginn «Linoforce Granulat» einnehmen. 1 Messlöffel zu mindestens 2 Gläsern Wasser (ca. ½ Liter).
Linoforce ist ein natürliches Abführmittel und in der Apotheke erhältlich. Ca. 8 – 10 Stunden nach Einnahme erfolgt Stuhlgang (allerdings nicht als Durchfall wie z.B. beim Glaubersalz).
2) Fastentage (z.B. 7 Tage)
täglich:
✅ Direkt nach dem Aufstehen: 2 Teelöffel Flohsamen-Schalen (z.B. in Migros oder überall online erhältlich) mit viel Wasser (mindestens 2 Gläser) einnehmen. So bleibt die Darmbewegung (Peristaltik) erhalten.
✅ Morgens: Bewegen / Sport machen. Yoga: Twists und Vorbeugen für die Bauchorgane, evtl. auch den ayurvedischen Magenhub. Idealerweise auch Krafttraining, z.B. Liegestützen, Rumpfbeugen, Kniebeugen. Danach: Protein-Smoothie; 3 Teelöffel Protein-Pulver in Wasser auflösen. So verringert sich das Risiko, dass während der Fastenzeit Muskeln abgebaut werden.
✅ Vormittags / mittags: 1 Teelöffel Honig einnehmen. 1 Glas Gemüsesaft einnehmen (entweder selbstgemacht mit Entsafter-Maschine oder Biotta-Gemüsesaft). So fällt der Blutzuckerspiegel nicht in den Keller und der Stoffwechsel fährt nicht komplett herunter.
✅ Nachmittags: 1 Teelöffel Honig einnehmen. 1 Glas Obstsaft einnehmen (entweder selbstgemacht mit Entsafter-Maschine oder Biotta-Obstsaft).
✅ Abends vor dem Schlafengehen: 1 Teelöffel Bentonit-Mineralerde (z.B. in der Apotheke oder online erhältlich) mit 1 Glas Wasser mixen. Bentonit hilft beim Entgiften und bindet Abfallstoffe und Metalle.
✴️ Generell: Den ganzen Tag über viel Wasser und ungesüssten, koffeinlosen Tee trinken; mindestens 3 Liter. Keine Kohlensäure, Getränke mindestens Raumtemperatur oder warm. Zum Beispiel Blasentee, Magen-Darm-Tee, Gallentee, Lebertee, …
✴️ Falls Sie Nahrungsergänzungsmittel einnehmen (z.B. Eistentabletten): weiterhin einnehmen
✴️ Mundhygiene aus dem Ayurveda: Öl-Ziehen, Zungenschaben
✴️ Bewegung: täglich und tagsüber möglichst viel Bewegung! Spaziergänge, Yoga, …
✴️ allenfalls Fussbäder, Wechselduschen, keine Kosmetik
✴️ bei Frösteln: Bettflaschen, warmes (Fuss-) Bad, warmer Tee
✴️ bei Schwächegefühl: Ruhen, Leberwickel, evtl. Einlauf machen (mit Irrigator) oder 1 Teelöffel Honig
✴️ bei Schwindel: 1 Teelöffel Honig
✴️ bei Hungergefühl: viel trinken, evtl. Einlauf machen
✴️ bei Kopfschmerzen: viel trinken, evtl. Einlauf machen, Schüssler Salz Nr. 7
✴️ Oft gibt es am 3. und 4. Tag eine Fastenkrise (Erschöpfung, Kopfschmerzen, usw. wegen Entgiftungsprozessen). Keine Termine planen in diesen Tagen. So kann man je nach Befindlichkeit entweder bewegen oder ruhen.
✴️ empfohlen: Tagebuch schreiben: Gewicht, Tagesablauf, körperliche Beobachtungen, Gedanken, Träume, …
3) Aufbautage (4 Tage) und Ausblick (ab Tag 5)
➡️ mindestens 4 Aufbautage einplanen
✅ Tag 1: Kohlenhydrate, Früchte und Gemüse sind i.O.
Vormittag ➤ Apfel roh essen, langsam kauen (20 Minuten Zeit nehmen!)
Mittag ➤ Kartoffeln und Gemüse, als Suppe oder Smoothie oder gekocht
Abend ➤ Quinoa oder Polenta mit gekochtem Gemüse
✅ Tag 2: Kohlenhydrate, Früchte und Gemüse sind i.O., kaum Fett
Vormittag ➤ 1 Apfel oder Pflaumen oder Feigen, bei Hunger Hafermüsli mit veganem Joghurt (ohne Milch)
Mittag ➤ Gemüse gekocht, Rohkost oder Smoothie, Reis oder Hirsebrei, frisches Obst, Beeren, …
Abend ➤ Kartoffeln, Quinoa mit gedämpftem Gemüse und Kräutern
✅ Tag 3: siehe Tag 2 + eiweisshaltige Nahrungsmittel, allerdings noch zurückhaltend sein mit Fetten (Öl, Butter, Nüsse, Käse).
✅ Tag 4: nun können auch Fette hinzugefügt werden, weiterhin leichte Vollwertkost
✅ ab Tag 5: wieder reguläres Essen möglich; idealerweise heilsame Essgewohnheiten beibehalten / aufbauen
Teil 5: Meine persönliche Erfahrung
Meine erste Fastenkur gehört mitunter zu den besten Erfahrungen meines Lebens. Es schien mir und scheint mir nach wie vor, von einem lebenslangen Zwang befreit zu sein: Das Fasten zeigte mir, dass ich selbst entscheiden kann, wann ich was und wie viel esse.
Am ersten und zweiten Tag verspürte ich noch Hunger und mein Magenknurren war teilweise nicht zu überhören, allerdings war das Hungergefühl erstaunlich gut aushaltbar und ab dem dritten Tag komplett verschwunden. Ich konnte sogar in der Mittagszeit mit anderen Menschen zusammensitzen und ihnen beim Essen zuschauen, ohne selbst Appetit oder die Verlockung, das Fasten zu brechen, zu verspüren.
Ich habe die gesamte Fastenzeit über regulär Yoga unterrichtet und zu Hause zusätzlich Krafttraining gemacht, ohne Kreislauf-Probleme zu haben.
Am vierten und fünften Tag erlebte ich physisch und psychisch ein richtiges Hoch; meine Kreativität war angekurbelt, der Körper fühlte sich grossartig an, mein Denken war glasklar. Geduld und Gelassenheit waren spürbar erhöht. Zudem empfand ich es als äusserst befreiend, zu erkennen, dass ich über so viel Durchhaltevermögen verfüge und offensichtlich weniger Sklave des Essens und vor allem meiner Ernährungsgewohnheiten war, als gedacht.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich knapp zwei Kilo verloren und war noch immer im normalgewichtigen Bereich (BMI im Normbereich).
Mein Körper fühlte sich etwas kühl, allerdings stets leistungsfähig an.
Mein Bedürfnis nach Schlaf war leicht erhöht (9 Stunden statt 8 - 8.5 Stunden). Der Schlaf war oft von lebhaften Träumen begleitet, allerdings trotzdem erholsam.
Tag sechs und sieben verliefen dann allerdings zunehmend harzig. Mein Gewicht fiel akut in den untergewichtigen Bereich, ich fror stark, empfand wieder Hunger, und mein Magen knurrte ständig. Im Nachhinein glaube ich, dass für meinen Körper damals fünf Fastentage ausgereicht hätten - da ich mir jedoch sieben Tage vorgenommen hatte und ein absoluter Dickschädel bin (das sage ich aus der Warte wertungsfreier, freundlicher Bewusstheit 🤭🤪), habe ich diese beiden Tage auch noch durchgezogen.
Mittlerweile faste ich allerdings mit mehr Körperbewusstheit - dazu gehört auch das achtsame Erkennen, wann ein Beenden der Fastenkur angezeigt ist. Ich empfehle daher, sich keine starre Fastendauer vorzunehmen, sondern den Signalen des Körpers liebevolle Aufmerksamkeit zu schenken und entsprechend zu agieren.
Fastenbrechen:
Auf meine erste Mahlzeit - ein Apfel - folgten leichte Bauchschmerzen. Das Gemüse am Mittag vertrug ich problemlos. Allerdings hatte ich starke Bauchschmerzen nach dem Abendessen (ungewürzte Polenta) und danach heftigen Durchfall. Ab dann war Essen wieder ohne unangenehme Begleiterscheinungen möglich; der Körper gewöhnte sich schnell wieder an die Nahrungsaufnahme.
Auch in den Wochen nach dem Fasten fühlte ich mich vital und war körperlich und geistig sehr beweglich, und es fiel mir leicht, gesunde Ernährung in den Alltag zu integrieren. Bereits wenige Tage nach dem Fasten war mein Gewicht wieder im Normalbereich (kein untergewichtiger BMI) und seither hat es sich stabil auf für mich passendem und angenehmem Niveau gehalten.
Übrigens: Meine Fasten-Phase fiel in die Zeit meines Zyklus. Das ist kein Problem - im Gegenteil: Das Ayurveda empfiehlt Frauen sogar, so zu fasten, dass der Zyklus in die Fastenphase fällt. Meine Mens war im Gegensatz zu sonst mit keinen unangenehmen Begleiterscheinungen verbunden (kein Ziehen bei den Brüsten, keine Magenkrämpfe, keine Migräne).
Das Fasten werde ich (sofern meine körperlichen Voraussetzungen erfüllt bleiben) für den Rest meines Lebens 2x jährlich einbauen.
Warum ich mir die Zeit genommen habe, einen so langen, aufwändigen Artikel zu schreiben? Weil Fasten eine unglaublich heilsame Gewohnheit ist, an deren Verbreitung ich mithelfen möchte. Fasten tut gut. Probieren Sie es aus. (Es muss auch nicht immer gleich eine mehrtägige Fastenkur sein. Auch ein Fasten-Fenster von 16, 18 oder 24 Stunden entlastet den Körper.)
Quelle:
Michalsen, Andreas (2021): Mit Ernährung heilen. Besser essen – einfach fasten – länger leben. Neuestes Wissen aus Forschung und Praxis. Verlag: Friedrich-Karl Sandmann. 3. Auflage