Achtsame Ernährung - meine Erfahrungen

Dieser Beitrag richtet sich an gesunde Menschen, die ihre Ernährung bewusst gestalten und dadurch ihr Wohlbefinden steigern möchten. Bei ärztlich verordneten Diäten, Essstörungen, Krankheiten, Medikamenteneinnahmen oder Mangelerscheinungen möchte ich Sie dazu ermutigen, sich am Rat der Schulmediziner:innen zu orientieren.

Essen, ohne den Körper zu bewohnen

Sodbrennen, Völlegefühl, ernährungsbedingte Schlafstörungen, leichte Übelkeit oder Bauchschmerzen - früher habe ich das alles ohne nachzudenken in Kauf genommen. 
Die einander widersprechenden Berichte der Ernährungswissenschaftler verwirrten mich. Auf meinen Körper zu hören, hatte ich nie gelernt. Meiner Ernährung lagen Zufälligkeiten zugrunde: Ich ass, was man in meinem Umfeld ass und jeweils zu Zeitpunkten, die der Arbeitsalltag und die gesellschaftlichen Normen diktierten. Die westliche Wohlstandsgesellschaft hatte mich gelehrt, dem Geschenk des Essens keinerlei Bedeutung beizumessen.

Mein Ernährungskonzept: Erlaubt ist, was dem Körper gut tut

Heute ernähre ich mich ganz anders als früher. Mein Ernährungskonzept ist simpel: Erlaubt ist, was dem Körper gut tut. Der MBSR-Kurs, den ich besucht habe, hat mir geholfen, meinen Körper wahrnehmen zu lernen. 
Ich entdeckte, dass mir weisses Brot in Kombination mit rohen Tomaten Bauchschmerzen verursacht. Dass bei mir das Essen von mehr als 20 Gramm Süssigkeiten pro Tag ohne Sporteinheit zu verminderter Schlafqualität ab ca. 2:00 morgens führt. Dass mich zwei Croissants zum Frühstück so müde machen, dass ich mich gleich wieder niederlegen möchte. Dass mich Mandeln wunderbar sättigen und Brennnesseltee meinen Magen entspannt. Dass mein Körper Vielfalt und Abwechslung in der Ernährung schätzt und braucht, denn er reagiert manchmal trotz Hunger mit leichter Übelkeit auf einen einseitigen Speiseplan.

Ich esse, wenn ich Hunger habe. Das kann durchaus bedeuten, dass ich ein herzhaftes Frühstück verspeise - oder aber es ausfallen lasse. Manchmal esse ich Abendessen, manchmal nicht. Manchmal ist die Portion am Mittag gross, dann wieder klein. An manchen Tagen esse ich um 11 Uhr zu Mittag, an anderen um 13 Uhr (meinem flexiblen Job sei Dank!). 
Wenn mir jemand etwas anbietet, nehme ich mir einige Sekunden Zeit, um die Befindlichkeit im Magen wahrzunehmen. Sagt mir diese Speise zu? Habe ich überhaupt Hunger? Wenn ja: Wie viel Hunger habe ich? 
Ich esse achtsam und langsam und höre auf zu essen, wenn ich satt bin. Wenn ich selber schöpfen darf, schöpfe ich bewusst wenig und spüre während des Essens immer wieder in den Körper, um zu überprüfen, ob ein Nachschöpfen Sinn ergibt. Beim Restaurantbesuch habe ich mittlerweile keine Skrupel mehr, etwas stehen zu lassen, auch wenn es mir schmeckt. Ohne zu zögern, kann ich ein Dessert ausschlagen, wenn ich spüre, dass der Körper bereits satt ist.
Ich habe für mich erkannt: Keine Speise der Welt schmeckt so gut, dass sie es wert wäre, das angenehm wohlige Sättigungsgefühl in ein Völlegefühl oder gar Übelkeit kippen zu lassen. Genuss kann nicht beliebig ausgedehnt werden.

Was ich beachte beim achtsamen Ernähren

  • Einkauf: Welche Nahrungsmittel fühlten sich bisher gut in meinem Körper an? Gibt es etwas Neues, das ich ausprobieren möchte? Finde ich das Gewünschte im saisonalen, bestenfalls sogar regionalen Verkauf? (Ich möchte auch der Umwelt mit Achtsamkeit begegnen.) Ist die Zusammenstellung an Nahrungsmitteln abwechslungsreich?
  • Wenn der Wunsch aufkommt, etwas zu essen, spüre ich in meinen Körper hinein. Habe ich wirklich Hunger? Knurrt der Magen? Ist er leer? Oder bin ich einfach gestresst oder gelangweilt? Und: Gibt es bestimmte Situationen, in denen der Wunsch zu essen häufiger auftritt als in anderen? Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass das Essen zu einer Ersatzhandlung verkommt (zum Beispiel beim Wunsch, mich zu entspannen).
  • Vor den Mahlzeiten nehme ich mir stets ein paar Minuten Zeit und trinke in Ruhe mindestens ein Glas Wasser, um nicht Durst mit Hunger zu verwechseln. Auch das Zubereiten der Mahlzeiten kann dabei unterstützen, in einer achtsamen Geisteshaltung anzukommen.
  • Ich esse langsam und achte auf Geruch und Geschmack der Speisen. Ich bemerke, wie sich die verschiedenen Esswaren während des Kauens und danach im Magen anfühlen.
  • Ab und zu mache ich eine kleine Pause, um wahrzunehmen, ob ich bereits satt bin.
  • Wenn ich keinen Hunger verspüre, esse ich nichts. Wenn ich satt bin, höre ich auf zu essen.
  • Wenn der Appetit auf bestimmte Esswaren sehr gross ist, richte ich mich danach. Ich gehe davon aus, dass der Körper weiss, warum er beispielsweise nach Ei mit Salz schreit. Vielleicht war der Salzverlust beim Sporttreiben einfach zu gross?
  • Wenn ich Hunger habe, mir das Speiseangebot aber gar nicht entspricht, versuche ich, mit dem Essen zu warten, bis ich wieder die Möglichkeit habe, meinem Körper etwas für mich Passendes zuzuführen.
  • Etwa eine halbe Stunde nach dem Essen achte ich mich auf die körperliche Befindlichkeit. Tritt regelmässig Unwohlsein beim Verzehr bestimmter Speisen oder Speisekombinationen auf, so darf ich annehmen, dass diese meinem Körper schaden.
  • Ich versuche, mindestens drei Mahlzeiten pro Woche alleine einzunehmen, um dem Geschenk des Essens in vollem Umfang und in völliger Bewusstheit gerecht zu werden. 


Achtsame Ernährung im Korsett des Alltags

Im Korsett des Alltags und bei sozialen Verpflichtungen ist es nicht immer einfach, sich achtsam zu ernähren. Oft bereite ich Speisen, von denen ich weiss, dass sie mir schmecken, bereits am Vorabend zu und nehme sie am nächsten Tag zur Arbeit mit. Und nach einem unachtsamen Gelage bei Bekannten gebe ich meinem Magen Zeit zum Verdauen und esse erst wieder, wenn er sich leer anfühlt.


Fazit: Selbstfürsorge tragen

Ich glaube, dass all unsere Körper so verschieden sind, dass es kein allgemeingültiges perfektes Ernährungskonzept gibt. Was wir in unserer westlichen Wohlstandsgesellschaft tun können, ist, dem Körper eine Vielfalt von Nahrungsmitteln zuzuführen, die ihm gut tun und Speisen zu vermeiden, bei denen er Signale des Unwohlseins sendet, sowie auf das Sättigungsgefühl zu achten.

Schenken Sie Ihrem Körper liebevolle Aufmerksamkeit. Was fühlt sich für Sie gut an? In welchen Mengen? Achtsame Ernährung ist befreiend. Mit der nötigen Übung kennen und spüren Sie Ihren Körper so gut, dass Sie es getrost wagen können, all die Verbote aus Zeitschriften und dem Internet über Bord zu werfen: Das Vertrauen in die Weisheit des Körpers ist da.

Umgang mit »Scheitern«: Die nötige Entspanntheit finden 

Aber ja doch, manchmal schlage ich über die Stränge! Der Muffin ist schneller gefuttert, als ich den Magen gespürt habe, und das zweite Glas Wein hätte auch nicht mehr sein müssen. Manchmal knabbere ich auch höchst unachtsam an den Fingernägeln oder kaufe im Februar Erdbeeren.
Es gilt, auch das oben beschriebene Ernährungskonzept mit der nötigen Entspanntheit zu betrachten und sich nicht zu verurteilen für vermeintliche Fehlschläge. Insbesondere Letzteres ist in der Achtsamkeitspraxis zentral! Warum? Wenn Sie mehr möchten wissen, geht's hier weiter!

Und wenn Sie gerne Ihre Achtsamkeit im Alltag stärken möchten, lade ich Sie herzlich zu einem Achtsamkeitskurs ein.